Überlieferungsgeschichtlich ist auch der Blick auf die mittelalterlichen Schreibstuben (Skriptorien) zu richten: Die meisten antiken Texte, die uns überliefert sind, liegen uns nur in mittelalterlichen Abschriften vor und sind damit durch dieses Nadelöhr der Überlieferung gegangen. Wer Texte von Hand abgeschrieben oder exzerpiert hat, weiß, dass das nicht ohne Fehler geschieht. In den Skriptoren sind darüber hinaus schwierigere und das heißt meist ja auch interessantere Texte ganz offen mit den Text kommentierenden Glossierungen versehen worden, welche bei der nächsten Abschrift nicht selten zum – vermeintlichen – Bestand des Textes wurden. Es kommt hinzu, dass sich die meisten Skriptorien in Klöstern befanden. Die Schreibermönche waren zwar einerseits straff organisiert und auch bildungsaffin, auf der anderen Seite aber auch in ihrer christlichen Perspektive und von ihrem klösterlichen Alltag geprägt.